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LB20230629

Artikel vom 29.06.2023 und 06.07.2023
Was macht das Orgelförderprojekt?
Unsere Orgelfahrt nach Tübingen und Alpirsbach.


Vor drei Jahren wurde in Lauffen der Orgelförderverein gegründet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Regiswindiskirche wieder mit einer neuen Hauptorgel auszustatten, da die bisherige Orgel total zerschlissen und nur noch eingeschränkt zu nutzen ist. Die Chororgel braucht ein gänzlich neues Innenleben. Der wunderschöne historische Orgelprospekt steht leblos im Chor, alle Elektrokabel, also auch die elektrischen Leitungen zur Hauptorgel auf der Empore mussten stillgelegt werden, da sie den Sicherheitsbestimmungen nicht mehr entsprechen.

Ganz grob geschätzt muss mindestens eine Million Euro zusammenkommen, um eine hochwertige neue Hauptorgel und eine spielbare Chororgel zu erhalten. Es war bisher ein Alleinstellungsmerkmal, dass die Chororgel von der Hauptorgel aus gespielt werden kann. Das soll bei den neuen Instrumenten beibehalten werden. Natürlich ist der Weg bis zur Verwirklichung noch weit, es ist jedoch nicht zu früh, sich Gedanken über die Art der Orgeln zu machen.

Manuel Mader, der seit Oktober letzten Jahres Kantor der Regiswindiskirche ist, hat deshalb Interessierte eingeladen, mit ihm auf einer Fahrt zwei Orgeln zu besichtigen. In Fahrgemeinschaft machte sich eine Gruppe von Laien und Orgelbaukundigen auf den Weg nach Tübingen, wo es in der Hochschule für Kirchenmusik eine ziemlich einmalige Orgel zu besichtigen gab. Von der Größe und der Registerzahl her könnte sie als Vorbild für die Lauffener Chororgel dienen. Erbaut wurde sie 2019 von der Firma Ahrend aus Norddeutschland. Zu erleben ist barocke Orgelbaukunst im modernen Gewand unter Verwendung bester Materialien. Das Besondere aber an ihr ist das eingebaute zweifache Stimmsystem, welches aufwändig zu realisieren ist, weshalb man es auch höchst selten findet. Für die Erfahrbarkeit barocker Musik hat das mitteltönige (historische) Stimmsystem mit acht reinen Durterzen zweifelsohne eine optimale Klangfarbe. Gleichzeitig gibt es ein zweites “wohltemperiertes” Stimmsystem, welches alle Tonarten im Quintenzirkel ermöglicht, natürlich mit den bekannten Einschränkungen in der Klangfärbung. Es ist das in unserer Zeit gebräuchlichste System. Technisch realisiert wird die Zweifachstimmung, indem es pro Oktave sechs zusätzliche Pfeifen gibt, sodass sechs Töne in beiden Stimmungen erklingen, sechs ausschließlich wohltemperiert, sechs ausschließlich mitteltönig. Die beiden Systeme werden über Hebel am Spieltisch bedient. Manuel Mader hat den Zuhörenden die beiden Stimmungen eindrucksvoll demonstriert, indem er die Klangreinheit der historischen Stimmung vorführte, aber auch den Missklang in den entfernteren Tonarten, wo das selbe Musikstück beim Wechsel in die temperierte Stimmung doch weitaus angenehmer zu hören war. Die Einschätzung aller Zuhörenden war demnach dass diese Lösung der zweifachen Stimmsysteme zwar eine tolle Sache sein kann, vor allem für barocke Orgelmusik, dass andererseits der finanzielle Aufwand dafür zu groß erscheint.

Die zweite Orgel wurde in der Klosterkirche in Alpirsbach besichtigt. Erbaut wurde diese von der Firma Claudius Winterhalter aus Oberharmersbach. Sie umfasst 31 Register (2238 Pfeifen) und drei Manuale und wurde 2008 eingeweiht. Da in der romanischen Basilika kein Platz für eine Orgelempore war, wurde eine originelle Lösung gefunden: die dortige Orgel ist eine von weltweit nur drei Orgeln, die mit einem Luftkissen und Antrieben versehen ist, die das 17 Tonnen schwere Instrument an drei verschiedene Positionen verfahren kann. Da in der Regiswindiskirche eine ausreichend große Empore vorhanden ist, kann dieses teure “Extra” wegfallen. Ansonsten könnte diese Orgel durchaus ein Anschauungsobjekt für Lauffen sein. Mit 31 Registern handelt es sich um eine relativ kleine Orgel. Durch eine spezielle Bautechnik mit Wechselschleifen und Extensionen werden dem Organisten 44 Züge auf drei Manualen plus Pedal zur Verfügung gestellt. Das heißt, mit diesem “Trick” und einer Disposition, die sich an die deutsche Frühromantik mit französischem Hintergrund anlehnt, entsteht eine Fülle von Möglichkeiten, trotz relativ wenig eingebauter Register.

Hier war die einhellige Meinung der Teilnehmer, dass man sich durchaus ein solches Instrument in der Regiswindiskirche vorstellen könnte.

Nun gilt es, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, neue Spender und Mitglieder anzusprechen, denen auch am Herzen liegt, dass irgendwann in der schönen Regiswindiskirche auch wieder schöne Orgelklänge zu hören sind.

msg

Tübingen, Hochschule für Kirchenmusik

Alpirsbach, Klosterkirche
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