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Artikel vom 04.08.2022
Teil 3/3 – Wenn die Große mit der Kleinen.
Nachdem sich Teil eins (Warum überhaupt neue Orgeln) dieser Reihe mit der Hauptorgel auf der Westempore, Teil zwei (Außen Hui und innen Pfui) mit der Chororgel befasst hat, soll sich der dritte und letzte Teil mit der Verbundenheit beider Orgeln befassen.
In Wirklichkeit besitzen wir in der Regiswindiskirche eine Orgel an zwei Standorten. Die Idee hierfür stammt von Christhard Mahrenholz (1900 –1980), einem bekannten Musikwissenschaftler und Orgelsachverständigen.
Als 1932 die große Hauptorgel auf der Westempore errichtet wurde, hätte eine Lösung sein können, die bisherige Orgel, nämlich die Chororgel, ganz zu entsorgen, oder das Innere zu entsorgen und nur das Gehäuse auf die Westempore zu versetzen und eine neue größere Orgel hineinzupressen. Die gefundene Lösung, die das einzigartige Gehäuse gerettet hat und einen Stereoklang ermöglicht, war also ein Geniestreich.
Leider musste bei der Ausführung sehr gespart werden, vermutlich eine Auswirkung der Weltwirtschaftskrise, die 1932 in Deutschland ihren Höhepunkt erreicht hatte. Es gab 16,3% Arbeitslose, die öffentlichen Gehälter wurden um 25% vermindert, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurden stark gekürzt. Kein Wunder also, dass auch die Lauffener Gemeinde jede einzelne Reichsmark umdrehen musste.
Statt beispielsweise hochwertiger Zinnpfeifen wurden billigere Zinkpfeifen eingebaut, was sich natürlich negativ auf den Klang auswirkte, der insgesamt einfach zu schwach für den großen Kirchenraum war. Trotzdem war es eine Verbesserung, denn gemeinsam verfügten die beiden Orgeln nun über 30 Register, was gerade so ausreichte, um den Gemeindegesang zu begleiten.

Als Hitler den 2. Weltkrieg begann, der Tod und Verderben mit sich brachte, hatte man sowieso andere Sorgen. In Lauffen waren viele Häuser bei Bombenangriffen zerstört worden und man war bei Kriegsende zuerst mit dringenden Wiederaufbauarbeiten beschäftigt. Auch noch in der Nachkriegszeit durften keine hohen Ansprüche gestellt werden. Dann kam das Wirtschaftswunder und weckte neue Begehrlichkeiten. Es war erstmals nach dem Krieg wieder mehr Geld für Kultur da. So wurde die Regiswindiskirche in den späten Neunzehnhunderfünfzigerjahren innen renoviert, wobei auch eine Empore entfernt wurde.
1968 beschloss die Kirchengemeinde, da beide Orgeln hörbare Mängel aufwiesen, eine größere Orgelrenovierung durchführen zu lassen. Die Orgelbaufirma Rensch, die mittlerweile in Lauffen ansässig war, bekam den Auftrag, die Orgel umzubauen und zu erweitern.
Allerdings war auch jetzt das finanzielle Budget recht bescheiden, so dass trotz privater Spender der Um- und Ausbau hinter den Vorstellungen und Wünschen zurückbleiben musste. Nun war der Orgelbauer wieder zu Kompromissen bei Material und Technik gezwungen.
So blieb es nicht aus, dass fünf Jahrzehnte später, also in der Gegenwart, das Material, wie Windladen, Trakturen, Spieltisch, sowie das gesamte Pfeifenwerk verbraucht und verschlissen sind.
Die Chororgel musste schon vor einiger Zeit vom Netz genommen werden, da die schadhafte Elektrik inzwischen lebensgefährlich geworden ist. Bei der Konzeption einer neuen Orgel an zwei Standorten, sollte also nicht ein weiteres Mal an der Qualität des Materials und an der Ausstattung gespart werden. Die Chororgel braucht ein vollständig neues Innenleben, eine eigene Spielanlage und erstmals auch ein Pedal. Das historisch wertvolle Gehäuse soll restauriert werden.
Die Hauptorgel sollte komplett erneuert werden, etwa 30 klingende Register und zwei Manuale erhalten. Die alten Pfeifen von 1932 sollten nicht wieder verwendet werden, so schlägt es der Orgelsachverständige Burkhart Goethe in seinem Gutachten von 2020 vor. Auch sollen die beiden Orgeln trakturtechnisch wieder miteinander verbunden werden und von einem gemeinsamen Spieltisch aus gespielt werden können. Das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal und hat schon eine bald hundertjährige Tradition in der Regiswindiskirche.

Mittlerweile gibt es wieder einen Krieg in Europa und eine dadurch bedingte Inflation, ganz abgesehen von Einschränkungen und Entbehrungen durch eine Pandemie, die die Menschen auf der ganzen Welt bedroht. Da spielt die Musik – das ist längst nachgewiesen – eine ganz große Rolle, denn sie wirkt direkt auf unser Seelenleben. Und wenn sie in Form eines vollen, strahlenden Orgelklangs in einem wunderbaren Raum, wie ihn die Regiswindiskirche bietet, zu uns kommt, kann der Mensch so viel Freude daraus schöpfen, dass es ihn für vieles Schlimme entschädigt.

Wenn Sie mithelfen wollen, dass in unserer schönen Stadt weiterhin die Kultur zu Hause ist, werden Sie SpenderIn oder Mitglied im Orgelförderverein. Ausführliche Informationen, auch über geplante Veranstaltungen gibt es im Internet unter www.regiswindis.de
msg

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